Ein Fall von unmittelbarer Wiedergeburt in derselben Familie. Regressionstherapie.
Ein Fall von unmittelbarer Wiedergeburt in derselben Familie.
Von Leopoldo Lage, Merlo, San Luis, Argentinien.
Marcela (45 Jahre) kam in die Praxis mit der Absicht ihre Hundephobie zu behandeln. Schon seit einigen Jahren wünschten sich ihre zwei Kinder, zwölf und zehn Jahre, sehnlichst einen Hund als Haustier, aber Marcela hatte eine so grosse Angst vor Hunden, dass sie noch nicht mal alleine durch ihr Viertel gehen konnte, in dem es viele freilaufende Hunde gab. Marcela sehnte sich danach diese lästige Angst loszuwerden, die sie dazu brachte schon fast komische Reaktionen zu zeigen, wenn sie irgendeinen Hund traf, unabhängig von der Grösse des Hundes oder den Umständen.
Marcela war die jüngere von zwei Schwestern; ihre ältere Schwester war neun Jahre älter und ihre Eltern waren schon vor einigen Jahren gestorben. Auf die Frage nach traumatischen Erfahrungen mit Hunden in ihrer Kindheit oder Jugend, gab sie an, keine diesbezügliche Erinnerung zu haben.
Der Anfang der Therapie mit Marcela bestand darin sie zu einem Wiedererkennen und Wiedererleben der Symptome hinzuführen. Anschliessend führte ich sie im Zustand der Regression zurück in die ursprüngliche Erfahrung.
Marcela erlebt dann die Erfahrung wieder, in der sie ein kleiner Junge von fünf Jahren ist, der alleine im Hof des Hauses spielt. Seine Mutter befindet sich im Haus. Im Hof gibt es eine Treppe, die zur Terrasse führt, und unterhalb der Treppe ist seine Hündin mit ihren Welpen. Der Junge ist von den Welpen entzückt und möchte mit ihnen spielen. Der Junge bückt sich und möchte in die Hundehütte kriechen, und in diesem Moment greift die Hündin an, beisst am Hals zu und verursacht eine Wunde, aus der viel Blut strömt.
Die Mutter hört die Schreie des Jungen, eilt verzweifelt herbei und bringt ihn schnell ins Krankenhaus, in dem er schliesslich trotz aller Anstrengungen der Ärzte stirbt.
Marcela berichtet mir dann, wie sie ihren kindlichen Körper verlässt, und wie sie ihre weinenden verzweifelten Eltern sieht und die Ärzte, die ihr die Kabel, Einsteckläufe und Nadeln entfernen.
Anschliessend berichtet Marcela – aus der männlichen Geschlechtsperspektive sprechend – wie ihn ein Engel abholt und ihm sagt, dass er alles sehr gut gemacht habe und dass er ihn ins Licht begleiten werde. Der Junge bittet den Engel, dass er ihn vorher noch einmal seine Schwester sehen lasse, weil diese sicherlich sehr traurig sei.
Nach seiner Schwester fragend, erzählt der Junge (Marcela), dass sie Betty heisse, älter sei als er und sich in der Schule befinde.
Später erzählt der Junge, wie er Betty weinend in ihrem Zimmer sieht, während sie sein Foto betrachtet. Er möchte sie streicheln, doch er kann sie nicht berühren. Der Engel sagt ihm, dass es Zeit sei ins Licht zu gehen und sie gehen los, aber er erklärt dem Engel, dass er sehr traurig sei, weil er seine Schwester nicht alleine lassen wolle.
Im weiteren Verlauf der therapeutischen Arbeit macht Marcela klar, dass der traumatischste Moment dieser Erfahrung der Angriff der Hündin war. Ihre körperlichen Reationen beschränkten sich in diesem Moment darauf, den Angriff abzuwehren und zu schreien, um die Mutter herbeizurufen. Ihre emotionalen Reaktionen jedoch, bestehen in der Angst, die zu Panik wird, als sie sieht, wie Blut ihren Körper bedeckt, und ihre mentalen Reaktionen sind Überraschung und Verzweiflung. Marcela schrie: „Ich will meine Mama!“.
Es ist leicht zu verstehen, wie diese Erfahrung sich auf ihr heutiges Leben als Marcela auswirkte.
Ein weiteres traumatisches Element ist die Tatsache, die Schwester alleine lassen zu müssen. Ihre gefühlsmässige Reaktion ist die unendliche Trauer und ihre mentale Reaktion ist „ich will sie nicht allein lassen“.
Wir könnten sagen, dass bis zu diesem Punkt die Arbeit normal war, gemäss den Möglichkeiten der Regressionstherapie. Ich war sehr zufrieden mit der ausgeführten Arbeit ohne mir vorstellen zu können, dass das Unglaublichste und Überraschenste erst noch kommen würde.
Als Marcela ihrer älteren Schwester Beatriz erzählte, was sie während der therapeutischen Arbeit gesehen hatte, wurde diese ohnmächtig, und als sie das Bewusstsein wiedererlangt hatte, bat Beatriz Marcela ihr meine Telefonnummer zu geben, weil sie mit mir dringend sprechen müsse.
Beatriz erschien zu unserem Termin ein paar Minuten vor der verabredeten Zeit und dann erzählte sie mir etwas Unglaubliches. Beatriz teilte mir mit, dass sie die ältere Schwester von Marcela gewesen sei. Als sie acht Jahre alt war und ihr jüngerer Bruder Victor fünf, wurde dieser von seiner Hündin gebissen, als er ihr einen Welpen wegnehmen wollte. Das passierte unter der Treppe, die zur Terrasse des Hauses führte. Aufgrund des Hundebisses wurde die Halsarterie verletzt und ihr Bruder starb im Krankenhaus, während sich die Ärzte um ihn kümmerten. Dieses Erlebnis war so schmerzhaft für die Familie, dass niemals mehr von dem verstorbenen Bruder gesprochen wurde.
Ein Monat nach diesem schrecklichen Ereignis, merkte die Mutter von Beatriz, dass sie mit Marcela schwanger war. Am Anfang war dieses ein zusätzlicher schrecklicher Schlag für die ganze Familie, aber je weiter die Schwangerschaft vorranschritt, begann ein grosses Glück die Familie zu erfüllen und alle, ohne Ausnahme, fühlten, dass die Leere, die Victor hinterlassen hatte, von Marcela ausgefüllt wurde.
Beatriz erzählte mir auch, dass Marcela während ihrer Kindheit manchmal ein seltsames Benehmen hatte, wie zum Beispiel ein Tischgedeck für ihren kleinen Bruder aufzudecken, was in der Familie grosse Verwunderung hervorrief, da ihre Eltern Beatriz gebeten hatten, ihrer Schwester niemals von dem schmerzhaften Ereignis zu erzählen. Beatriz versicherte mir, dass niemals von der Existenz dieses Bruders gesprochen worden war und schon gar nicht über die Umstände seines Todes, was verständlich ist, da es sich um eine Art Familiengeheimnis handelt, das sorgfältig bewahrt wird.
Dazu kam, dass die Eltern von Beatriz russische Emigranten waren, die kaum spanisch sprachen und keine Familie in Argentinien hatten, was es unwahrscheinlich machte, dass Marcela die Geheimnisse aus dem Munde eines Dritten erfahren haben könnte. Noch dazu zog die Familie nach dem Unglück in ein anderes Haus, weil sie es nicht aushielten den Hof zu sehen, der sie daran erinnerte. Das heisst, Marcela hat das Haus, in dem es geschehen ist, nie kennengelernt.
Heute verehrt Beatriz Marcela sehr und beide verstehen sich sehr gut und haben eine sehr enge Beziehung.
Die Erfahrung von Marcela hat mich davon überzeugt, dass es sich um einen Fall von unmittelbarer Wiedergeburt innerhalb derselben Familie handelt. Ich hätte mir vorher niemals vorstellen können, dass so etwas möglich wäre, aber es ist offensichtlich, dass dies eine grosse Bandbreite von Möglichkeiten zur Forschung eröffnet und für Überlegungen über Leben und Tod. Interessant ist es hier aufzuzeigen, dass Marcela, als sie ihren Jungenkörper verliess, trotz des Drängens des Engels in das Licht zurückzukehren, ihre Schwester nicht allein lassen wollte. Vielleicht war dieser Wunsch, ihre Schwester zu begleiten, der Auslöser für die sofortige Rückkehr und Wiedergeburt.
Als Therapeut und Berichterstatter dieser Geschichte kann ich sagen, dass Marcela ihre Hundeangst überwunden hat, zwar sucht sie nicht die Nähe des Hundes ihrer Kinder, doch ist sie heute glücklich, weil ihre Kinder ihren kleinen Pudel Toy geniessen können.